Jeremia & Ezechiel

 
 
 

Jeremia

Das Buch Jeremia behandelt 5 Themen, die innerhalb des Buches verteilt sind. So lässt sich das Buch in insgesamt sechs Abschnitte gliedern:




Der erste Teil in Jer 1-25 schildert zunächst die Berufung Jeremias (Jer 1). In dieser wird Jeremia als von Anfang an zum Prophetenamt vorgesehen dargestellt (berufen von Mutterleibe an Jer 1,5). Die Berufungserzählung ist kein historischer Bericht, sondern eine literarische Komposition. Sie ist nach dem Berufungsschema, das auch in Ex 3 und Ri 6 verwendet wird, gestaltet. Dem Autor lag daran, Jeremia eine Legitimation für seine Wirksamkeit zu geben.

Ab Jer 2 wendet sich der Prophet gegen das untreue Volk Juda. Seine Verkündigung erfolgt vor allem in zwei Formen: Bildworte und symbolische Handlungen. In Jer 2 tritt ein erstes Bildwort auf, das das Verhalten des Volkes beschreiben soll: Denn mein Volk tut eine zweifache Sünde: mich, die lebendige Quelle, verlassen sie und machen sich Zisteren, die doch rissig sind und kein Wasser geben (Jer 2,13).
In Jer 3 wechseln sich Schuldspruch und Verheißung für Israel und Juda ab. Dass Israel immer noch erwähnt wird, obwohl es schon seit mehr als 100 Jahren untergegangen ist, hängt wohl an der israelitischen Bevölkerung, die nach der Katastrophe von 722 v.Chr. in den Süden geflohen ist und weiter auf eine Rekonstitution ihres Landes wartet. Das Ende von Jer 3 und der Beginn von Jer 4 sprechen die Hoffnung auf eine Wiederherstellung Israels aus, für die zuallererst eine Umkehr des Volkes hin zu JHWH notwendig ist. Zu dieser wird Israel hier aufgefordert.
Das restliche Kapitel Jer 4 ist als Unheilsansage für Juda verfasst. Juda und Jerusalem wird angekündigt, dass ein Feind aus dem Norden (wer anderes als die Babylonier?) das Land verheeren wird. Dieses Gericht ist unabwendbar, wie Jer 5 es zeigt, Vergebung von Gottes Seite kann nicht mehr erwartet werden. Aus der mahnenden Stimme des Propheten ist so eine kommendes Unheil ansagende geworden. Jer 6 führt das verdiente Gericht aus, das sich gegen alles und jeden in Juda und Jerusalem wenden wird.
Mit Jer 7,1-15 wird hier die erste Version seiner Tempelrede geboten (die zweite findet sich in Jer 26). Diese erste Version ist stark dtn geprägt. In ihr spricht Jeremia von einer letzten Chance, die das Volk hat, sich zu Gott zu bekehren: So spricht der HERR Zebaoth, der Gott Israels: Bessert euer Leben und euer Tun, so will ich bei euch wohnen an diesem Ort (Jer 7,3). Abgeschlossen wird das Kapitel Jer 7 mit einer Ankündigung der Nicht-Erhörung durch JHWH. Opfer und Gebete verfehlen ihr Ziel.
Mit Jer 8 wendet sich der Prophet gegen die Führer des Volkes, die er als Verführer bezeichnet, und die Dummheit des Volkes: Der Storch unter dem Himmel weiß seine Zeit, Turteltaube, Kranich und Schwalbe halten die Zeit ein, in der sie wiederkommen sollen; aber mein Volk will das Recht des HERRn nicht wissen (Jer 8,7). Diese Verblendung führt zur tiefen Angst des Volkes vor der kommenden Zeit. Der Prophet drückt darüber seine Trauer aus.
In Jer 9 stimmt der Prophet eine Klage über sein Volk an, die symbolischen Charakter hat. Es handelt sich hier um eine Totenklage und damit drückt Jeremia genau das aus, was in den kommenden Jahren auf das Volk zukommen wird: Es wird über die Toten des kommenden Krieges klagen. Jer 10 wendet sich anschließend gegen die Aufnahme fremder Kulte in Jerusalem und warnt vor der Sinnlosigkeit, diese nichtigen Götzen zu verehren. Das einzige, was die Judäer damit erreichen, ist, ihren eigenen Gott zu verärgern.
Jer 11 deutet das Verhalten der judäischen Bevölkerung als Bruch des Bundes mit Gott (auch hier ist wieder typisch dtr Sprache zu finden). Für seine Verkündigung steht der Prophet jedoch in dauerhafter Gefahr, von seinen Landsleuten attackiert zu werden. Eine erste Andeutung dessen findet sich in Jer 11 mit der Warnung vor einem Anschlag durch die Männer aus Anatot, der Heimatstadt des Jeremia.
Mit Jer 12 tritt erstmals ein weisheitliches Thema auf: das Glück der Gottlosen. Anschließend hält Gott durch den Mund des Propheten eine erneute Klage über das verwüstete Land. In Jer 13 findet sich die ersten beiden Zeichenhandlungen: der verdorbene Gürtel und die gefüllten Weinkrüge. Ihr Sinn ist es, die kommende Zukunft anzukündigen und zu illustrieren. Sie sind also nichts anderes als ein didaktisches Mittel, das zu Verkündigende möglichst plastisch an die Zuhörer (und Zuschauer) zu vermitteln. Zudem mahnt Jeremia davor, sich unter Gott zu beugen, um die kommende Strafe nicht zu hart ausfallen zu lassen.
Jer 14f. zeigen wiederum die Radikalität des göttlichen Gerichts auf: Auch wenn die Bevölkerung bei Dürre und Kriegsnot JHWH anruft, so wird dies keinen Effekt haben. Die Bestrafung des Volkes und das Abwenden JHWHs von seinem Volk sind beschlossene Sache. Jer 15 bietet im zweiten Teil des Kapitels noch einen Rückgriff auf de Berufungsbericht: Der Prophet beklagt sich bei Gott über sein Schicksal. Gott reagiert darauf, indem er ihm zusagt, ihm in seinem Amt beizustehen. Trotzdem hat Jeremia eine große Bürde zu tragen. Als Vorzeichen auf das kommende Gericht muss er sein Leben alleine fristen. Eine Familie zu gründen wird ihm von Gott untersagt (Jer 16). Dieses Gericht wird in Jer 17 als Gottes gerechte Vergeltung für die begangenen Sünden des Volkes verstanden. Trotz des bereits beschlossenen Urteils hört Jeremia nicht auf, in JHWHs Namen zu mahnen, was sich an der Aufforderung zur Sabbath-Heiligung am Ende von Jer 17 zeigt.
Jer 18 setzt mit dem Gleichnis vom Töpfer ein, das wiederum das kommende Gericht anzeigt. Als Reaktion auf seine Verkündigung vermutet Jeremia erneute körperliche Bedrohung. So wendet er sich an Gott und bittet ihn um Hilfe in der Auseinandersetzung mit seinen persönlichen Widersachern. Jer 19 setzt dann mit dem nächsten Bildwort fort. Dieses Mal zerschmettert Jeremia einen Tonkrug und zeigt so die Zerbrechlichkeit des judäischen Staates an. Anschließend erleidet Jeremia eine erste Misshandlung durch den Priester Paschur (Jer 20). Daraufhin klagt Jeremia über die Lasten des Prophetenamtes.
In Jer 21 wendet sich Jeremia erstmals direkt an den König und kündet Zedekia die Zerstörung Jerusalems an. Jer 22 bildet einen Anachronismus, da sich hier Worte gegen die bereits nicht mehr herrschenden Könige Joahas und Jojachin finden. Auch ihnen wird der Untergang angesagt.
Jer 23 wendet sich erneut gegen den König und verkündet einen neuen, gerechten König für Juda. Anschließend wendet sich der Prophet gegen Propheten, die dem König das Überleben und den Sieg über die Babylonier vorgaukeln. Mit dem Bildwort von den beiden Feigenkörben (Jer 24) und der Ansage der 70-jährigen Gefangenschaft Judas bis zum Untergang Babylons endet der erste Teil.

Die in diesem Abschnitt auftretenden Klageworte Jeremias werden als Konfessionen Jeremias zu einer Textgruppe zusammengefasst. Diese finden sich innerhalb der Kapitel Jer 11; 15; 17f. und 20.


Der nächste Abschnitt in Jer 26-29 ist zusammen mit dem Abschnitt Jer 36-45 zu behandeln. Thema dieser beiden Abschnitte ist das persönliche Schicksal des Propheten. Diese beginnt mit der Tempelrede, die in Jer 26 ein zweites Mal geschildert wird. Nach der Rede wird der Prophet gefangen genommen, anschließend aber wieder freigelassen. Von einem Leidensgenossen Jeremias, dem Propheten Uria, der ähnliche Dinge weissagte, wird jedoch berichtet, dass er vom König Jojakim hingerichtet wurde. Jeremia entgeht diesem Schicksal nur, weil ein zuständiger Beamter seine schützende Hand über ihn hält.
Jer 27 berichtet von einem weiteren Auftreten Jeremias vor dem König. Dabei vermischen sich Bild- und Wortebene. Jeremia erscheint im königlichen Palast mit einem Ochsenjoch auf den Schultern, um damit das Joch zu zeigen, das Nebukadnezar, der babylonische Herrscher, über Jerusalem legen wird. Jer 28 schließt sich thematisch daran an, auch hier geht es weiter um das Joch. In diesem Kapitel kommt es zu einer Konfrontation Jeremias mit Hananja, einem weiteren Propheten, der nach der Plünderung Jerusalems nach der ersten babylonischen Belagerung in den Jahre 598/7 v.Chr. den Untergang des babylonischen Herrschers und eine Rückführung aller geraubter Geräte und Menschen erwartet. Gegen diese Erwartung spricht sich Jeremia aus und zeigt, dass dies noch nicht das angekündigte Gericht JHWHs war, sondern dass es noch schlimmer kommen wird.
In Jer 29 wendet sich Jeremia dann an die Menschen, die von Nebukadnezar exiliert wurden und nun auf ihre Rückkehr warten. Jeremia fordert sie in diesem Brief auf, sich in Babylon häuslich einzurichten, da sie nicht mehr aus dem Exil zurückkehren werden: Baut Häuser und wohnt darin; pflanzt Gärten und esst ihre Früchte; nehmt euch Frauen und zeugt Söhne und Töchter, nehmt für eure Söhne Frauen, und gebt eure Töchter Männern, dass sie Söhne und Töchter gebären; mehret euch dort, dass ihr nicht weniger werdet. Suchet der Stadt Bestes, dahin ich euch hab wegführen lassen, und betet für sie zum Herrn; denn wenn's ihr wohl geht, so geht's auch euch wohl (Jer 29,5-7).
Mit Jer 36 geht der Bericht über das Schicksal Jeremias weiter. In diesem Kapitel lässt Jeremia alle Worte, die Gott zu ihm gesprochen hat, von Baruch auf eine Schriftrolle aufschreiben. Die Jerusalemer Tempelpriesterschaft erfährt von dieser Rolle und fordert Baruch auf, aus der Rolle vorzulesen. Als dieser ihrem Wunsch folgt und sie die niedergeschriebenen Worte hören, erkennen sie den Ernst der Lage und bringen die Worte vor den König. Baruch und Jeremia aber wird geraten, sich vor dem König und seinen Truppen zu verbergen. Der König lässt die Schriftrolle schließlich zerstören. Daraufhin erstellen Jeremia und Baruch auf Gottes Befehl hin eine zweite. Mit dieser sagt JHWH Jojakim den endgültigen Untergang seiner Dynastie an: Darum spricht der HERR über Jojakim, den König von Juda: Es soll keiner von den Seinen auf dem Thron Davids sitzen, und sein Leichnam soll hingeworfen liegen, am Tag in der Hitze und nachts im Frost. Und ich will ihn und seine Großen heimsuchen um ihrer Schuld willen, und ich will über sie und über die Bürger Jerusalems und über die in Juda kommen lassen all das Unheil, von dem ich zu ihnen geredet habe, und sie gehorchten doch nicht (Jer 36,30f.).
Einen kleinen Sprung in der Geschichte macht die Darstellung zwischen Jer 36 und Jer 37. In Jer 37 tritt Jeremia vor Jojakims Nachfolger Zedekija auf, den die Babylonier 597 v.Chr. auf den Thron in Jerusalem setzten. Diesen warnt Jeremia davor, sich mit Ägypten gegen die Babylonier zu verbünden, da dies eine Rückkehr und erneute Belagerung der Babylonier zur Folge hätte. Auf seine Warnung hin wird Jeremia von Zedekija gefangen genommen. Zedekija scheint jedoch hin und her gerissen und befragt den eingesperrten Jeremia. Dieser sagt ihm ohne Zögern voraus, dass er untergehen wird. Jeremia kann Hafterleichterungen erwirken. Diese bleiben aber nicht lange bestehen. In Jer 38 fordern die Berater des Königs diesen auf, Jeremia für seine Worte töten zu lassen. Dieser übergibt Jeremia in ihre Hände und sie werfen ihn in die Zisterne der Stadt, wo er verhungern soll. Ebed-Melech, ein Diener des Königs, hat Mitleid mit Jeremia, klärt seinen Herrn über Jeremias Schicksal auf und erwirkt von diesem, Jeremia in der Zisterne mit Lebensmitteln und Kleidern versorgen zu dürfen. Der König stimmt zu und lässt den Propheten sogar zu einer zweiten Privataudienz holen. Jeremia fordert Zedekia auf, sich und sein Haus in babylonische Gefangenschaft zu begeben, um die Stadt und die Bevölkerung zu schützen. JHWH sagt Zedekia zu, ihn in diesem Fall am Leben zu lassen. Der König folgt seinem Rat nicht.
In Jer 39 wird schließlich von der Eroberung der Stadt und der Befreiung Jeremias durch die Babylonier berichtet. Der Stadt ergeht es so, wie Jeremia es in seinen vielen Worten angekündigt hat. Er selber wird nicht exiliert, sondern bleibt unter Gedalja, dem babylonischen Statthalter, in der Stadt (Jer 40). Gedalja wird in Jer 41 von Jischmael ermordet. Diese Tat wird als Aufstand gegen die babylonische Herrschaft angesehen und Jischmael wird von den Truppen der Statthalter der umliegenden Gebiete getötet.
Jer 42 nimmt mit dem Strom der Auswanderer nach Ägypten eine weitere Entwicklung in exilischer Zeit auf. Jeremia warnt die Menschen davor, sich auf dieses Wagnis einzulassen, und fordert sie auf, in Juda zu bleiben, da JHWH ihnen in diesem Land beistehen wird. Jeremia wird in Jer 43 von den Leuten der Lüge bezichtigt und daraufhin von ihnen nach Ägypten verschleppt. Dort angekommen, weissagt Jeremia den Einfall der babylonischen Truppen und warnt die Judäer, sich dem Kult der Himmelskönigin zuzuwenden (Jer 44). Jer 45 schließt den biographischen Teil des Buches mit einem Wort für Baruch ab.


Zwischen den beiden biographischen Teile des Jer stehen in den Kapiteln Jer 30-35 Heilsworte aus der Zeit nach der Exilierung. Jer 30 setzt mit der Ansage der Befreiung aus dem Exil ein: Denn siehe, es kommt die Zeit, spricht der HERR, dass ich das Geschick meines Volkes Israel und Juda wenden will, spricht der HERR; und ich will sie wiederbringen in das Land, das ich ihren Vätern gegeben habe, dass sie es besitzen sollen (Jer 30,3). An diese Rückkehr ist die Verheißung des neuen Bundes zwischen Gott und Juda angeschlossen: Siehe, es kommt die Zeit, spricht der HERR, da will ich mit dem Hause Israel und dem Hause Juda einen neuen Bund schließen, nicht wie der Bund gewesen ist, den ich mit ihren Vätern schloss, als ich sie bei der Hand nahm, um sie aus Ägyptenland zu führen, ein Bund, den sie nicht gehalten haben, ob ich gleich ihr Herr war, spricht der HERR; sondern das soll der Bund sein, den ich mit dem Hause Israel schließen will nach dieser Zeit, spricht der HERR: Ich will mein Gesetz in ihr Herz geben und in ihren Sinn schreiben, und sie sollen mein Volk sein, und ich will ihr Gott sein. Und es wird keiner den andern noch ein Bruder lehren und sagen: Erkenne den HERRn, sondern sie sollen mich alle erkennen, beide, klein und groß, spricht der HERR; denn ich will ihnen ihre Missetat vergeben und ihrer Sünde nimmermehr gedenken (Jer 31,31-34). Als Heilszeichen kauft Jeremia einen Acker in seiner Heimatstadt Anatot. Er zeigt damit, dass es einen Neuanfang in Juda geben wird (Jer 32). Jer 33 bringt dieses mit der Ansage der Wiederherstellung Jerusalems und Judas dann auch verbal zum Ausdruck. Außerdem wird in diesem Kapitel an den ewigen Bund mit dem Haus David und den Bund mit dem Haus Levi erinnert. Beide Bundesschlüsse weisen in die nachexilische Zeit voraus: Es wird wieder ein Davide sein, der auf dem Thron sitzen wird, und es wird ein Levit sein, der den Kult am Heiligtum leitet.
Jer 34 springt in der Zeit wieder zurück und thematisiert Zedekijas Entscheidung (von der wir ja erst im zweiten Teil der Biographie Jeremias in Jer 36-45 etwas erfahren), sich gegen das von JHWH verkündete Wort zu stellen und sich nicht in die Hand der Babylonier zu geben. Vielmehr berichtet das Kapitel noch von der Brüchigkeit des Wortes Zedekijas, der zwar die Freilassung aller judäischen Sklaven befiehlt, dann aber dem Druck der Oberen erliegt und alle Freigelassenen wieder in die Sklaverei zurückführt. Daraufhin verkündet Jeremia ihm, dass auch er in Sklaverei gegeben wird.
Jer 35 springt chronologisch noch einen weiteren Schritt zurück und beschäftigt sich mit der Zeit Jojakims. Das Kapitel berichtet von den Rechabitern, die für ihren Weinverzicht belohnt werden und bei der Belagerung der Babylonier verschont bleiben.


An den zweiten Teil der biographischen Kapitel schließen sich Gerichtsworte gegen fremde Völker an, die thematisch nicht in das Jer passen. Dass es sich dabei um spätere Ergänzungen handelt, ist sehr wahrscheinlich. Jer 46 wendet sich gegen Ägypten, Jer 47 gegen die Philister, Jer 48 gegen Moab, Jer 49 gegen Ammon, Edom, Damaskus, gegen arabische Stämme und schließlich gegen Elam. In Jer 50f. finden sich schließlich Weissagungen über den Untergang Babylons und über die Erlösung Israels.

Abgeschlossen wird das Jer mit einem Bericht über die Zerstörung Jerusalems und die Exilierung, der sich als solcher auch in 2Kön 24,18-25,21 findet. Dass es sich dabei um eine sekundäre Ergänzung des Jer aus dem 2Kön handelt, ist sehr deutlich. Die Erzählung läuft auf die Begnadigung Jojachins und das Ende des Exils hinaus.



Ezechiel

Das Buch Ez ist von einer große Zäsur gekennzeichnet, die als Wendepunkt innerhalb der Geschichte Israels zu verstehen ist. Die Kapitel Ez 1-24 bieten Gerichtsworte über Juda und Jerusalem, die Kapitel Ez 25-32 Fremdvölkerworte und ab Ez 33 beginnt mit den Heilsworten (Ez 33-39) und der Vorstellung vom neuen Tempel in Jerusalem (Ez 40-48) die Wende in der exilischen Zeit: Gottes Zorn wandelt sich in Erbarmen und führt zur Erlösung des Volkes.


Das Buch beginnt mit der Berufung des Ezechiels. Diese erstreckt sich über die Kapitel Ez 1-3 und erscheint als eine Kombination der Berufungsberichte Jesajas und Jeremias. In Ez 1 wird eine Thronvision geschildert, in der der am Fluss Kebar in Babylonien sitzende Ezechiel die Herrlichkeit JHWHs zu sehen bekommt. Diese kommt auf einem Wagen von vier Cheruben getragen zu ihm und deutet damit an, dass JHWH in den am Fluss Sitzenden sein Volk erkennt. Ezechiel gehört als Priester (bzw. Priesterschüler) zu der Gruppe, die 597 v.Chr. nach Babylon verschleppt wurde. Jerusalem stand zu dieser Zeit also noch, nur das Königshaus und die obersten Beamten wurden von den Babyloniern nach der ersten Eroberung der Stadt deportiert. Ez 1 stellt den Erkenntnisprozess des Propheten dar, der erst im Verlauf seiner Schau versteht, was er zu sehen bekommt.
In Ez 2f. wird der Prophet beauftragt. Zum Zeichen seiner Botschaft wird er mit einer Buchrolle gefüttert. Mit ihr wird ihm die gesamte Botschaft JHWHs zuteil, die er dem Volk ausrichten soll. Die Buchrolle ist aus zwei Bezügen heraus verständlich: Entweder nimmt der Autor hier Anleihe an der Niederschrift prophetischer Worte, wie sie sich in Jes 8,16-18 und in Jer 36 findet, oder es ist ein erster Hinweis darauf, dass das Wort Gottes an sich (also so etwas wie eine Grundform der Torah oder zumindest der Priesterschrift) als Schrift existiert hat. Beide Interpretationen sind durchaus möglich. Ezechiel wird zu zwei Ämtern bestellt: zum einen soll er prophetisch tätig werden (Ez 3,4), zum anderen wird er zum Wächter über Israel bestellt: Du Menschenkind, ich habe dich zum Wächter gesetzt über das Haus Israel. Du wirst aus meinem Munde das Wort hören und sollst sie in meinem Namen warnen. Wenn ich dem Gottlosen sage: Du musst des Todes sterben! Und du warnst ihn nicht und sagst es ihm nicht, um den Gottlosen vor seinem gottlosen Wege zu warnen, damit er am Leben bleibe, - wo wird der Gottlose um seiner Sünde willen sterben, aber sein Blut will ich von deiner Hand fordern. Wenn du aber den Gottlosen warnst und er sich nicht bekehrt von seinem gottlosen Wesen und Wege, so wird er um seiner Sünde willen sterben, aber du hast dein Leben errettet (Ez 3,17-19).


Ez 4-7 beschreiben dann das Gericht über Jerusalem und begründen, warum es zum Gericht kommen musste. Wie nahe das Ende ist, wird besonders mit Ez 7 deutlich. In den Kapiteln Ez 8-11 wird Ezechiel schließlich Augenzeuge des Untergangs. Die Kapitel berichten von einer zweiten Vision, in der der Prophet zu sehen bekommt, was in Jerusalem geschehen wird. In Ez 8 wird er von einem Treffen der Ältesten Judas entrückt und per göttlichem Geist nach Jerusalem gebracht. Dort führt Gott ihn herum und zeigt ihm, warum er die Stadt aufgeben will: An jeder Ecke des Tempels finden sich Vergehen gegen den JHWH-Kult. Von der Statue am Nordeingang über Bilder im Tempelraum bis hin zu Menschen, die den Tammuz-Kult begehen, und anderen, die zur Sonne beten. All dieses ist für JHWH Grund genug, Jerusalem das Ende zu breiten. Interessanterweise sind es hier kultische Vergehen, die zum Grund für den Untergang werden, während Jesaja und Jeremia die Außen- und Bündnispolitik an den Pranger gestellt und soziale Missstände angegriffen haben. Ezechiel hat also eine andere, stärker priesterliche Perspektive auf den Untergang. In Ez 9 wird er schließlich beschrieben. Sechs Männer betreten die Stadt, einer von ihnen in ein weißes Leinengewand gekleidet und beginnen, alle Menschen in der Stadt zu erschlagen. Ez 10f. berichtet davon, wie die Herrlichkeit JHWHs Jerusalem verlässt und sich auf dem Berg östlich der Stadt niederlässt. Jerusalem ist nun - im wahrsten Sinne des Wortes - gottverlassen. Bevor die Herrlichkeit JHWHs Jerusalem verlässt, werden noch alle Oberen durch die Verwüster der Stadt erschlagen. Angeschlossen an den Bericht über den Untergang ist die Verheißung für die Weggeführten in Ez 11,14-21. In ihnen wird bereits die kommende Wende angekündigt: Und ich will ihnen ein anderes Herz geben und einen neuen Geist in die geben und will das steinerne Herz wegnehmen aus ihrem Leibe und ihnen ein fleischernes Herz geben, damit sie in meinen Geboten wandeln und meine Ordnungen halten und danach tun. Und sie sollen mein Volk sein, und ich will ihr Gott sein (Ez 11,19f.).

Ez 12 stellt die Wegführung von König und Volk in Bildworten dar und richtet sich gegen all diejenigen, die der Botschaft des Propheten nicht trauen. In Ez 13 wendet sich der Prophet dann gegen falsche Propheten und Prophetinnen, die den Untergang Jerusalems in ihrer Botschaft leugnen.
Ez 14 befasst sich dann an ein in der Golah diskutiertes Problem: der Dienst an den fremden Göttern in Jerusalem. Die Ältesten Judas haben Angst, die Bevölkerung in Jerusalem könnte denselben Fehler nochmals begehen und so erneut Opfer eines göttlichen Gerichts werden. Denjenigen, die nicht vom Götzendienst ablassen, sagt JHWH das Gericht an und droht mit seinem vierfachen Gericht (Schwert, Hunger, wilde Tiere und Pest), die jeden, der nicht gerecht ist, ausrotten werden.

Die folgenden Kapitel Ez 15-24 bilden eine Ansammlung aus literarischen Stücken, die alle rund um das Thema Untergang Jerusalems verfasst sind. Im Einzelnen sind dieses:


Ez 15 Das Gleichnis vom unbrauchbaren Rebholz
Ez 16 Die Predigt über Jerusalem, das treuelose Weib
Ez 17 Die Gleichnisse vom Zedernwipfel und vom Weinstock
Ez 18 Die Ankündigung des Gerichts nach dem Tun; Umkehrforderung
Ez 19 Klagelied über das Geschick des Königshauses
Ez 20 Predigt über Israels ständigen Ungehorsam und Gottes ständiger Gerechtigkeit
Ez 21 Das Gleichnis vom Waldbrand; die Ansage des Untergangs
Ez 22 Schuldaufweis: Jerusalems Verfehlungen; das Gleichnis vom Schmelzofen
Ez 23 Das Gleichnis von den zuchtlosen Schwestern Ohola und Oholiba
Ez 24 Das Gleichnis vom rostigen Topf; Zeichenwort: das Verhalten des Propheten beim Tod seiner Frau



Mit Ez 25 (bis Es 32) beginnt der nächste Abschnitt. Wie schon im Jes und Jer finden sich auch im Ez Fremdvölkerworte. Diese bereits im Sinne der folgenden Kapitel als Heilsprophetie zu bezeichnen, erscheint doch verfehlt, da es sich hier um eine Sammlung prophetischer Worte handelt, die nichts mit der Wende vom Unheil zum Heil im Blick auf das Exil und die Wendung von Gottes Zorn zur Zuneigung zu tun haben. Die einzelnen Worte sind:




Mit Ez 33 beginnt die Phase der exilischen Heilsprophetie. Ez 33 führt den Propheten erneut in sein Amt ein, dieses Mal aber nur in das Wächteramt. Zur Voraussetzung für das kommende Heil wird die Bekehrung der Menschen zu JHWH: So sprich zu ihnen: So wahr ich lebe, spricht Gott der HERR: ich habe kein Gefallen am Tode des Gottlosen, sondern dass der Gottlose umkehre von seinem Wege und lebe. So kehrt nun um von euren bösen Wegen. Warum wollt ihr sterben, ihr vom Hause Israel? (Ez 33,11). Doch kommen die Mahnungen Ezechiels für Jerusalem zu spät, in Ez 33,21f. erhält er die Botschaft vom Untergang Jerusalems. Zugleich wendet er sich gegen den Anspruch der im Land Verbliebenen auf das Land. Das Land muss zunächst von allen verlassen werden, ein Weiterleben ist nicht mehr möglich.
Mit dem Bild vom rechten Hirten setzt der Kampf um die Reorganisation ein. JHWH zeigt, was der rechte Hirte (König) mit seinem Volk machen wird: Ich will das Verlorene wieder suchen und das Verirrte zurückbringen und das Verwundete verbinden und das Schwache stärken und, was fett und stark ist, behüten; ich will sie weiden, wie es recht ist (Ez 34,16). Und schließlich kündet er einen neuen Hirten an, der aus dem alten Geschlecht stammen wird: Und ich will ihnen einen einzigen Hirten erwecken, der sie weiden soll, nämlich meinen Knecht David. Der wird sie weiden und soll ihr Hirte sein (Ez 34,23).
Fest zum Rahmen der Heilsweissagungen in exilischer Zeit gehört das Gericht über Edom. Dieses findet sich in Ez in Ez 35. Ez 36 verheißt den Bergen Israels das kommende Heil: Weil der Feind sich in Sicherheit wiegt, wird JHWH ihn schlagen und Juda in sein angestammtes Land zurückführen. Vorher aber wird er Juda / Israel durch die Ausschüttung seines Geistes erneuern. Der Geist soll die Bevölkerung in die Lage versetzen, die Gebote JHWHs ein für allemal zu halten. Ebenso wird das Totenfeld, das der Feldzug der Babylonier hinterlassen hat, durch den Geist wieder zum Leben erweckt (Ez 37) werden. Israel wir in seinem alten Bestand und der Pracht des davidischen Reiches wieder aufstehen. Dazu wird es einen neuen David geben.
Ez 38f. mit dem Kampf gegen Gog aus Magog, einem Wesen aus der babylonischen Mythologie, wird häufig als der Beginn der Apokalyptik angesehen, da das Wesen auch in apokalyptischen Schriften immer wieder genannt wird. Doch scheinen die Vorstellungen, die in der Apokalyptik mit ihnen und dem darauf kommenden Ende der Welt verbunden sind, hier nicht im Blick zu sein. Man kann vielmehr annehmen, die Apokalyptik habe das hier verwendete Motiv aufgegriffen und der eigenen Verkündigung zu nutze gemacht. Gog aus Magog beschreibt ein Wesen, gegen das sich JHWH wendet. Mit Gog wird ein Feldherr identifiziert, der mit seinem Heer die Weltherrschaft anstrebt. Dass es sich bei dem hier beschriebenen um den Herrscher der Meder handelt, ist aus dem zeitgeschichtlichen Rahmen des Ez zu erschließen. Gog aus Magog wird schließlich von JHWH besiegt, womit er den neuen Staat aus Judäern und Israeliten sichert.


Mit der in Ez 40-48 beschrieben Wiedererrichtung des Tempels in Jerusalem findet das Buch sein Ende. Das, was im Folgenden dargestellt wird, ist wiederum eine Vision des Propheten. Zunächst sieht er eine Umfassungsmauer um den Tempelbezirk (Ez 40), dann den äußeren Vorhof und dessen Torbauten, danach den inneren Vorhof und dessen Torbauten. Auf diesem befinden sich die Tische für die Opfer und die Kammer für die Priester. In Ez 41f. wird der Tempel mit seinen Nebengebäuden beschrieben. Die Darstellung erinnert stark an das 1Kön 6 und den dort geschilderten Bau des Heiligtums. In Ez 43 zieht die Herrlichkeit JHWHs, die Jerusalem in Ez 8 verließ, in den neuen Tempel ein. Anschließend wird der Altar eingeweiht. Ez 44 fordert den Verschluss des Osttores und gibt weitere Anweisungen für den Tempeldienst incl. der Ordnung für die Priester. Ez 45 behandelt die Stellung des neuen Fürsten und weist ihm und der Stadtbevölkerung ihre Landanteile zu. Danach wird der Fürst in den Tempeldienst eingebunden und erhält besondere Aufgaben (Ez 45f.). Abgeschlossen wird Ez 46 schließlich mit der Beschreibung der Opferküche.
Eine besondere Ausrichtung erhält die Tempelbeschreibung durch Ez 47. Hier wird vom Fluss berichtet, der aus dem Tempel fließt. Der Tempel wird zur Quelle neuen Lebens auch für die Wüste. Das wird dann auch am Ende des Kapitels und in Ez 48 deutlich: Die Stämme Israels erhalten ihr Land zugewiesen. Die Herrschaft des neuen Daviden ist nun organisiert und das Volk kann im Friedensreich leben

 

Wirkungszeit der großen Propheten


Der historische Prophet Jesaja trat am Ende des 8.Jh.s v.Chr., Jeremia und Ezechiel sind die beiden großen Propheten der darauf folgenden beiden Jahrhunderte. Jeremia lässt sich zeitlich in das 7.Jh. v.Chr. einordnen, trat also zur Zeit der babylonischen Bedrohung auf, Ezechiel noch etwas später zu Beginn bis hin zur Mitte des 6.Jh. v.Chr. Sie führen vom Untergang Judas bis hin zur erwarteten Wiedererstellung des davidischen Israels in der Zeit nach gesühnter Schuld.

Rembrandts Jeremia