Fünf Megillot

Fünf Megillot
Hoheslied
Das Buch Hld ist eine Sammlung von Liebesliedern, die das Verhältnis zwischen Gott und seinem Volk beschreiben sollen. Es ist die Liebe Gottes zu seinem Volk, die dem Ereignis des Exodus zugrunde liegt. Zugeschrieben werden die Lieder Salomo, entstanden sind sie aber wohl erst in späterer Zeit. Er galt aufgrund seiner musischen und künstlerischen Begabung als der Dichter dieser Lieder (ähnlich wie David, dem ja die Psalmen 3-41 zugeschrieben werden).
Eine Gliederung des Buches ist schwierig vorzunehmen, da es inhaltlich allein um verschiedene Liebeslieder geht, die das Verhältnis und die Liebe einer Frau zu ihrem Mann beschreibt. Es bietet sich allein die Lektüre des gesamten Buches an, um einen dauerhaften Eindruck von ihm zu erlangen.
Ruth
Das Buch Ruth besteht aus vier Teilen und beschreibt die Geschichte einer Frau, die als Ausländerin nach Israel kommt und es schafft, sich in dieser Gesellschaft zu etablieren. Am Ende des Buches erfahren wir, dass es sich um die Großmutter Davids handelt, von der uns dort erzählt wurde.
Das Buch besteht insgesamt aus vier Kapiteln, die jeweils eine abgeschlossene Episode schildern. Ruth 1 spielt zunächst außerhalb Israels und erzählt von Elimelech und seiner Familie, die aufgrund einer Hungersnot von Bethlehem nach Moab ziehen und sich dort niederlassen. Die beiden Söhne des Mannes und seiner Frau nehmen sich Moabiterinnen zur Frau. Nach ein paar Jahren in der Fremde stirbt zuerst der Vater, dann die beiden Männer. Wie es üblich war, wenn es keinen Mann mehr in der Familie gibt, zieht Noomi, die Frau Elimelechs, zurück in das Haus ihres Vaters. Zuvor aber entlässt sie ihre Schwiegertöchter, die ebenfalls in das Haus ihrer Vorfahren zurückkehren sollen. Die erste, Orpa, folgt dem Wunsch ihrer Schwiegermutter, Ruth aber widersetzt sich und folgt Noomi nach Bethlehem: Wo du hingehst, da will ich auch hingehen; wo du bleibst, da bleibe ich auch. Dein Volk ist mein Volk, und dein Gott ist mein Gott. Wo du stirbst, da sterbe ich auch, da will ich auch begraben werden. Der HERR tue mir dies und das, nur der Tod wird mich und dich scheiden (Ruth 1,16b.17).
Ruth 2 spielt auf dem Feld eines Verwandten Noomis außerhalb Bethlehems. Ruth arbeitet dort, um zum Lebensunterhalt der Familie beizutragen. Boas sorgt dafür, dass Ruth gute Arbeitsbedingungen hat und auf dem Feld auch noch etwas findet, nachdem seine Angestellten dort bereits geschnitten haben. Im Gespräch am Abend stellt sich schließlich heraus, dass Boas zu den Lösern für Ruth und Noomi gehört.
Ruth 3 erzählt davon, sie Noomi Ruth Ratschläge gibt, wie sie mit Boas umgehen soll. Dieser verliebt sich in Ruth. Ruth hält ihn für ihren Löser, Boas aber klärt sie auf, es gebe noch einen näheren Verwandten, der demzufolge ihr Löser sei. So muss Boas trotz seiner Gefühle noch um Ruth kämpfen.
In Ruth 4 kommt die Geschichte schließlich zum guten Ende. Boas gelingt es bei der Versammlung der Männer im Tor, das der nahe Verwandte auf sein Recht verzichtet und er Ruth lösen kann. So kommt Ruth als Boas' Frau in sein Haus und wird zur Stammmutter Davids.
Klagelieder
Das Buch der Klagelieder wird dem Propheten Jeremia zugeschrieben. Es besteht aus fünf Kapiteln, die in Form eines Klagegebets die Situation Jerusalems nach der Zerstörung widerspiegeln.
Klgl 1 ist in Form einer Stadtklage verfasst und beschreibt die Situation einer völlig zerstörten Stadt. Gleichzeitig wird die Schuld der Stadt gegen Gott bekannt und der Untergang wird als Strafe interpretiert: Jerusalem hat sich versündigt; darum muss sie sein wie ein unreines Weib. Alle, die sie ehrten, verschmähen sie jetzt, weil sie ihre Blöße sehen; sie aber seufzt und hat sich abgewendet (Klgl 1,8).
Klgl 2 bietet eine Klage eines Einzelnen über den Zustand der Verwüstung in Juda und Jerusalem. Das Umfeld Jerusalems rückt also mit in den Fokus der Betrachtung. Die Zerstörung der Stadt und des Landes wird als Folge des entbrannten Zornes JHWHs verstanden: Wie hat der Herr die Tochter Zion überschüttet! Er hat die Herrlichkeit Israels vom Himmel auf die Erde geworfen; er hat nicht gedacht an seinen Fußschemel am Tage seines Zorns (Klgl 2,1). Mit Klgl 3 bricht die Situation langsam um. Die Perspektive des Trost tritt hinzu: Die Güte des HERRn ist's, dass wir nicht gar aus sind, seine Barmherzigkeit hat noch kein Ende, sondern sie ist alle Morgen neu, und deine Treue ist groß. Der HERR ist mein Teil, spricht meine Seele; darum will ich auf ihn hoffen (Klgl 3,22-24).
Klgl 4 fügt wieder einen neuen Aspekt zur Klage hinzu: die Rache an den Feinden. Zwar beginnt das Kapitel mit der Klage über die zerstörte Stadt und das Fehlverhalten der Jerusalemer gegenüber Gott, doch läuft der Text auf den Gedanken der nun gesühnten Sünde und dem kommenden Untergang der Feinde zu: Ja, freue ich nur und sei fröhlich, du Tochter Edom, die du wohntest im Lande Uz! Denn der Kelch wird auch zu dir kommen, dass du trunken wirst und dich entblößest. Deine Schuld ist abgetan, du Tochter Zion; der Herr wird dich nicht mehr wegführen lassen. Aber deine Schuld, du Tochter Edom, wird er heimsuchen und deine Sünden aufdecken (Klgl 4,21f.).
Klgl 5 bietet zum Abschluss ein Bittgebet des Volkes an seinen Gott, die missliche Lage zu beenden. Die nächste Generation lebt bereits und fühlt sich für das Erbe der Väter zwar verantwortlich, weißt aber auf die eigene Unschuld an dieser Misere hin: Unsre Väter haben gesündigt und leben nicht mehr, wir aber müssen ihre Schuld tragen (Klgl 5,7). Am Ende steht die Frage an Gott, die sich das Volk nicht beantworten kann: Hast du uns denn ganz verworfen, und bist du zu all zu sehr über uns erzürnt? (Klgl 5,22). Mit dieser Frage endet das Buch, eine Antwort bleibt aus.
Kohelet
Das Buch Kohelet (Prediger) ist eine weisheitliche Abhandlung über die Verfallenheit des menschlichen Lebens. Das Buch besteht aus 12 Kapiteln, die sich in vier größere Teile scheiden lassen. Teil 1 in den Kapiteln 1-3 setzt sich mit dem Thema der menschlichen Eitelkeit auseinander. An den Anfang seiner Überlegungen stellt der Autor die Aussage, dass alles Irdische eitel ist. Die Frage, die er aufwirft, ist die nach der Nützlichkeit der einzelnen Elemente: Was hat der Mensch für Gewinn von all seiner Mühe, die er hat unter der Sonne? (Koh 1,3). So, wie die Bemühungen jeder einzelnen Generation gegenüber der Erde sinnlos sind, so sinnlos ist auch das Streben nach Weisheit, das der Mensch an den Tag legt: Denn wo viel Weisheit ist, da ist viel Grämen, und wer viel lernt, der muss viel leiden (Koh 1,18). Koh 2 zeigt dann, dass die Weisheit nicht besser als die Torheit ist. Beide führen sie zu demselben Ergebnis: Da dacht ich in meinem Herzen: Wenn es denn mit geht wie dem Toren, warum hab ich dann nach Weisheit getrachtet? Da sprach ich in meinem Herzen: Auch das ist eitel. Denn man gedenkt des Weisen nicht für immer, eben so wenig wie des Toren, und in künftigen Tagen ist alles vergessen. Wie stirbt doch der Weise samt dem Toren! (Koh 2,15f.). So sieht Kohelet schließlich die Vergänglichkeit des Menschen ein: Ein jegliches hat seine Zeit, und alles Vorhaben unter dem Himmel hat seine Stunde (Koh 3,1).
Teil 2 erstreckt sich über die Kapitel 4-6. Er setzt sich mit der Ungerechtigkeit des Lebens auseinander: Wiederum sah ich alles Unrecht an, das unter der Sonne geschieht, und siehe, da waren Tränen derer, die Unrecht litten und keinen Tröster hatten. Und die ihnen Gewalt antaten, waren zu mächtig, so dass sie keinen Tröster hatten (Koh 4,1). Mit Koh 5 lenkt der Autor den Blick auf den Gottesdienst. Er fordert den Beter auf, nur durchdachte Dinge vor Gott zu bringen, damit die Bitte auch erfüllt werden kann. Anschließend kehrt er wieder zum Thema Gerechtigkeit zurück. Er zeigt, welch geringen Wert der materielle Reichtum für den Menschen hat, da dieser vergänglich ist (Ende Koh 5 und Koh 6). Letztlich kommt er zu der Einsicht, dass der Mensch keine Macht über sein eigenes Leben hat: Was da ist, ist längst mit dem Namen genannt, und bestimmt ist, was ein Mensch sein wird. Darum kann er nicht hadern mit dem, der ihm zu mächtig ist. Denn je mehr Worte, desto mehr Eitelkeit; was hat der Mensch davon? Denn wer weiß, was dem Menschen nützlich ist im Leben, in seinen kurzen, eitlen Tagen, die er verbringt wie einen Schatten? Oder wer will dem Menschen sagen, was nach ihm kommen wird unter der Sonne? (Koh 6,10-12).
Mit Koh 7 setzt der dritte Teil des Buches ein, der sich bis Koh 9 erstreckt. Nun wendet sich der Autor der eigentlichen Weisheit des Menschen zu: der Annahme des Lebens, so wie es ist. Aus der Ambivalenz des Lebens und den nicht vorhersehbaren Ereignissen zieht Kohelet in Koh 8 schließlich den Schluss, dass das Walten Gottes im Verborgenen stattfinden muss. Und ich sah alles Tun Gottes, dass ein Mensch das Tun nicht ergründen kann, das unter der Sonne geschieht. Und je mehr der Mensch sich müht, zu suchen, desto weniger findet er. Und auch wenn der Weise meint: Ich weiß es, so kann er's doch nicht finden (Koh 8,17). So ruft der Autor den Leser schließlich zur Freude am Leben auf, da der Mensch sonst nichts hat. Denn alle Weisheit kann ihn vor den Abwegigkeiten des Lebens nicht schützen.
Koh 10-12 legen als vierter Teil des Buches den Fokus auf den einzelnen Tag. Carpe diem könnte man diese Betrachtung nennen. Zunächst steigt der Autor mit einer weiteren Abhandlung über das, was weise, und das, was dumm ist, ein. Dann kommt er auf den einzelnen Tag (Koh 11) und schließlich auf die Lebensphasen (Koh 12) zu sprechen. Tenor seiner Aussage ist, nutze die Zeit, die du auf Erden hast, so gut wie möglich, denn sie ist begrenzt. Der Blick auf die Lebensphasen ist jedoch erschreckend, denn er schildert das Leben als kurzes Aufblühen (Jugend) und dann als einen Verfallsprozess.
An das Ende des Buches ist ein Nachwort gestellt, in dem die gesamte Lehre zusammengefasst wird: Last uns die Hauptsumme aller Lehre hören: Fürchte Gott und halte seine Gebote; denn das gilt für die Menschen. Denn Gott wird alle Werke vor Gericht bringen, alles, was verborgen ist, es sei gut oder böse (Koh 12,13f.). Auffällig ist jedoch, dass dieses Ende nicht so ganz zu dem passt, was das Buch vorher beschrieben hat.
Ester
Das letzte Buch der Megillot ist das Buch Est. Dieses erzählt in Form einer Novelle die Geschichte von Ester, einer Jüdin, die in der persischen Diaspora lebt und dort zu einer bedeutenden Person am Königshof aufsteigen kann.
Est 1 berichtet von Esters Aufstieg zur persischen Königin. Artaxerxes verstößt seine Frau Wasti, da diese es ablehnt, zu einem von ihm ausgerichteten Festmahl zu erscheinen, wie es ihre Pflicht als Königin gewesen wäre. Stattdessen veranstaltet sie ein eigenes Mahl mit den bedeutenden Frauen des Reiches. Da der König aber nicht weiter alleine leben will, sucht er sich eine neue Gemahlin und findet diese in Ester, wie Est 2 berichtet. Ester wuchs, nachdem ihre Eltern verstorben waren, als Adoptivkind im Haus Mordechais auf. Mordechai war Jude, dessen Vorfahren mit Jechonja 597 v.Chr. von den Babyloniern ins Exil geführt wurden. So wird Ester schließlich Königin von Persien. Ihre Herkunft und ihren Glauben behält Ester jedoch für sich. Der König hat also keine Ahnung, dass er eine Jüdin auf den bedeutendsten Thron der Welt gesetzt hat. Esters Vater Mordechai erweist sich als dem König treu ergeben, indem er einen Umsturzplan gegen das Königshaus aufdeckt und so dem König die Weiterherrschaft sichert. Dieser erste Anschlag wird als Übergang zu der folgenden Erzählung verwendet.
Mit Est 3 tritt ein neuer Handlungsträger auf: Haman, der vom König zu einer führenden Staatsperson aufgebaut wird. Mordechai verwehrt Haman die volle Verehrung, da dieser von allen verlangt, sich vor ihm auf den Boden zu werfen. Dieses aber ist für die Juden die Form, in der sie Gott verehren. So belässt es Mordechai bei einem Knicks, der dazu führt, dass Haman Mordechai nach dem Leben trachtet. Haman lässt darauf hin ein Los werfen, um den Tag zu bestimmen, an dem das Volk Mordechais Schuld sühnen soll und ausgerottet werden wird. Das Los (hebr. pur) fällt auf den 13. Adar, also den 13. Tag des letzten Monats des Jahres. Die Strafe soll sich in Form eines Pogroms vollziehen, wie Est 3,8f. zeigt: Und Haman sprach zum König Artaxerxes: Es gibt ein Volk, zerstreut und abgesondert unter allen Völkern in allen Ländern deines Königreiches, und ihr Gesetz ist anders als das aller Völker, und sie tun nicht nach des Königs Gesetzen. Es ziemt dem König nicht, sie gewähren zu lassen. Gefällt es dem König, so lasse er schreiben, dass man sie umbringe; so will ich zehntausend Zentner Silber dargeben in die Hand der Amtleute, dass man's bringe in die Schatzkammer des Königs. So kommt es schließlich zu dem Beschluss, die Juden auszurotten und ihr Hab und Gut zu plündern, da sie das Gesetz des Königs nicht anerkennen. Mordechai erfährt von dem Beschluss des Königs und bestimmt Ester dazu, sich für die Juden beim König einzusetzen, wie es Est 4 erzählt. Ester tritt also in Est 5 bei ihrem Gemahlen auf, lädt ihn und Haman gemeinsam zum Essen ein. Der König verspricht seiner Frau, ihm jeden Wunsch zu erfüllen. Haman erkennt die große Gnade, die ihm zuteil geworden ist, ärgert sich aber über die dauerhafte Anwesenheit Mordechais am Tor, da dieser ihn nicht in der rechten Weise ehrt.
In der Nacht vor dem Mahl erfährt der König aus der Niederschrift der Ereignisse der vergangenen Zeit, dass Mordechai keinerlei Belohnung für das Aufdecken des Putschversuches bekommen hat. Er bestellt schließlich Haman zu sich und fragt ihn danach, welche Ehre man Mordechai zugute kommen lassen sollte. Dieser schlägt vor, unwissend, um wen es sich handelt. diesen Menschen als König zu verehren. So muss er schließlich Mordechai selber verehren, der ihm die Ehre in seinen Augen verwehrt hat. Davon erzählt Est 6.
Est 7 fährt mit dem Essen bei Ester fort. Dort klagt sie dem König, dass ein ganzes Volk ausgerottet werden soll. Sie gibt sich als Jüdin zu erkennen und stellt Haman als den blutrünstigen Verfolger ihres Volkes dar. Der König verurteilt Haman schließlich zum Tod. Haman wird gehängt.
Mit Est 8 tritt die Wendung zugunsten der jüdischen Bevölkerung ein. Mordechai wird an Hamans Statt oberster Reichsverwalter. Er erhält das Recht, die Juden über die geplante Ausrottung in Kenntnis zu setzen. Da das Pogrom ein königlicher Beschluss ist, kann er nicht rückgängig gemacht werden. Die einzige Chance, die die Juden haben, ist es, ihre Widersacher schon vorher aus dem Weg zu räumen. So kommt es schließlich in Est 9 zu einem Übergriff der jüdischen Bevölkerung gegen die Widersacher. Es gelingt ihnen, die Widersacher auszurotten und so sich selber zu schützen. Der Tag nach dem geplanten Pogrom wird zum Festtag erhoben. Daher wird am 14. Adar das Purimfest gefeiert. Est 10 schließt die Erzählung mit einer Notiz über das große Ansehen Mordechais bei Persern und Juden ab.
Aufgabe 26: Lesen Sie alle acht Kapitel des Buches Hld, um einen guten Eindruck von der Sprache und Bildwelt altorientalischer Liebeslieder zu bekommen.