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Das Neue Testament besteht aus insgesamt 27 Schriften, die in den ersten beiden Jahrhunderten nach der Zeitenwende entstanden sind. Unter ihnen finden sich vier Evangelien und 21 Briefe. Vervollständigt wird die Urkunde des frühen Christentums durch die Apostelgeschichte und die apokalyptische Schrift der Offenbarung. Auf den ersten Blick finden sich im Neuen Testament die vier unterschiedlichen Literaturgattungen Evangelium, Brief, Apostelgeschichte und Apokalypse. Während Evangelium und Apostelgeschichte Erzählformen darstellen, die von urchristlichen Autoren geschaffen wurden, waren Briefe ein in der Antike tägliches Kommunikationsmittel, die einem festen Schema folgten. Apokalypsen finden sich schließlich verschiedene in der frühjüdischen Literatur. Die Offenbarung des Johannes, die das Neue Testament beschließt, stellt eine christliche Variante dieses jüdischen Literaturtypus dar.


Das Neue Testament als Kanon (allgemein anerkannte Sammlung von Schriften) wurde in seiner heutigen Form im 4. Jahrhundert nach Christus abgeschlossen. Dieser Kanonisierung ging ein längerer Entstehungsprozess voraus. Am Anfang der Entwicklung stehen mit der Sammlung paulinischer Briefe gegen Ende des 1. Jahrhunderts n.Chr. das Bestreben von Gemeinden, die an andere ergangenen Worte des Apostels auch im eigenen Gottesdienst zu hören und zu interpretieren und auf diese Weise Antworten auf Fragen zu finden, die sich in den Gemeinden lange nach dem Ableben der Augenzeugengeneration ergaben. Mit der Schaffung eines ersten Kanons durch den später als Häretiker verurteilten Marcion im Jahre 135 n.Chr., dieser stellte die paulinischen Briefe und ein um alles Jüdische bereinigte Lukasevangelium zu einer ersten Textsammlung zusammen, die für die Verkündigung autoritativ war, sahen sich die führenden Gemeinde in den antiken Metropolen unter Druck, eine eigene verbindliche Sammlung vorzulegen. So wurde im 2. Jahrhundert n.Chr. der Kanon Muratori in Rom geschaffen, der als Vorläufer des heutigen Neuen Testaments anzusehen ist. Dieser enthielt das Corpus Paulinum, den Judasbrief, die zwei Johannesbriefe, die Offenbarung des Johannes sowie eine Offenbarung des Petrus und die Weisheit Salomos. Erstmals im heutigen Umfang findet sich im 4. Jahrhundert n.Chr. ein Vier-Evangelien-Kanon, da das Johannesevangelium lange Zeit als gnostisch und damit häretisch angesehen wurde. Ähnlich wurde auch über die Aufnahme von Hebräerbrief und 2. Petrusbrief längere Zeit gestritten.


Gründe für eine Aufnahme waren vor allem drei: Zunächst musste die Apostolizität des Verfassers gewährleistet sein. Einzig Paulus war kein Augenzeuge Jesu, doch seine Christophanie vor Damaskus machten ihn sekundär zu einem solchen. Daneben darf dem Bekenntnis zu Jesu wahrem Tod und tatsächlicher Auferstehung nicht widersprochen werden. Damit versuchte sich das Urchristentum von gnostischen Spekulationen über einen Scheintod Jesu oder eine Entrückung vor dem Sterben am Kreuz abzugrenzen. Des Weiteren scheint die Abfassung in griechischer Sprache von Bedeutung gewesen zu sein, da die aramäische und die koptische Tradition im Neuen Testament nicht vorzufinden ist.


Anders als die Biblia Hebraica ist das Novum Testamentum Graece ein wissenschaftlich erstellter kritischer Text, der in der heute vorliegenden Form so nicht als durchgehende Handschrift existiert. Die ältesten vorhanden Handschriften einzelner neuttestamentlicher Schriften reichen bis in das 2. Jahrhundert n.Chr. zurück. Sie sind bereits Abschriften, in denen verschiedene Abschreibefehler auftreten können. Außerdem ist es nicht auszuschließen, dass die Schreiber bereits Randbemerkungen aufnahmen und in den Text eintrugen oder selber korrigierend eingriffen und ihnen fragwürdige Vorstellungen ersetzten. Die textkritische Arbeit versucht derartige Textveränderungen aufzuzeigen und den wohl ursprünglichen Text zu rekonstruieren. Dieses ist jedoch aufgrund eines Bestandes von über 4000 bekannten Handschriften aus unterschiedlichen Zeiten nicht immer möglich, so dass auch mit der derzeit vorliegenden 27. Auflage des Novum Testamentum Graece der Urtext zwar als annähernd, aber nicht als vollständig rekonstruiert anzusehen ist.


Das Neue Testament baut traditionsgeschichtlich auf den Schriften der Hebräischen Bibel auf. An den gebotenen Zitaten wird dann allerdings deutlich, dass die neutestamentlichen Verfasser durchgehend die Septuaginta, also die griechische Übersetzung alttestamentlich-hebräischer Texte verwendeten. Dieses hatte Auswirkungen in verschiedenen Bereichen: In der jüdischen Tradition fand mit der kaige-Rezension eine Überarbeitung der eigenen griechischen Schriften hin auf den hebräischen Text statt. Im christlichen Bereich hielten sich auch in der Zeit nach Marcion antijüdische Strömungen. Mit der Übertragung der Septuaginta in die lateinische Sprache (Vulgata) wurde die noch nicht jüdisch rezensierte Version des Alten Testaments für das Christentum prägend.

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Rechts: Fragment des Codex Vaticanus